Im Juni 2012 war es dann soweit, eine gewisse Erleichterung spürte ich, endlich hören die Schmerzen auf!
Ich wusste es wird keine leichte Operation, ich habe auch fleißig noch gegessen und ein paar Kilo zugenommen, damit mein Körper fleißig an den Reserven zerren kann und auch um Kraft zu haben für die anstehende Operation. Meine Gedanken kreisten nur um das Eine: Bald habe ich keine chronischen Schmerzen mehr...dass es aber Monate / Jahre dauert bis ich wieder fit bin und im Reinen mit mir selbst, damit habe ich nicht gerechnet.
Vor der Operation durfte ich noch einige Untersuchungen durchmachen - Harnkontrolle, Kontrolle der Eileiter-Durchgänge, Röntgen, Darmspiegelung....die Ärzte haben mich komplett durchleuchtet um einen 100%igen Durchblick meiner komplexen Verwachsungen zu haben. War ich nervös oder ängstlich? Nein! Einfach nur froh, endlich behandelt zu werden. Die Vorkontrollen waren zwar schon belastend und teilweise auch mit Angst verbunden – was kommt wirklich auf mich zu? Und oft auch Kräfteraubend! Vor allem die Darmentleerung vor der Darmspiegelung, Mensch habe ich auf das Mittel gebrochen…irgendwann wusste ich nicht mehr was besser ist – sitzen oder mit dem Kopf über der Kloschüssel – für eine Nacht war das Badezimmer meins alleine J.
Da meine Endemotrioseherde zu 90% meinen Darm befallen haben, sowie meine Scheide und Bereiche der Scheideninnenwand, Enddarminnenwand waren gerade die Tastuntersuchungen beim Arzt sehr unangenehm. Schmerzhaft und ich war teilweise von meinen Schwarmgefühlen überrollt worden. Mittlerweile sind die Untersuchungen nur noch unangenehm, aber ich habe jeglichen Scharm abgelegt. Teilweise denke ich mir ich rede (auch mit Freunden) zu offen und zu eindeutig (Bildlich) über diesen Bereich, aber andererseits ist es nur ein Körperbereich!
Die erste Operation verlief – soweit ich weiß ohne große Komplikationen, obwohl ich statt den geplanten 5 Stunden ca. 7 Stunden im OP Saal lag. Meine Operation war sogar eine sehr interessante Operation für die Endometriose-Ärzte, denn ein Ärztekongress über Endometriose war zu der Zeit in Hamburg und meine Operation wurde live übertragen ;)… und einer der Top 3 Endometriose-Spezialisten (Europas) aus Österreich operierte mich. Von der Darmabteilung im Krankenhaus operierte auch der Chefarzt und am Tag vor der Operation habe ich schon eine PDA gesetzt bekommen, und zwar vom Chefanästesist ;)…VIP BEHANDLUNG! Ich war einfach nur froh, dass ich in guten Händen war und mein Arzt hat mich auch die ganze Zeit begleitet!
An die Zeit nach der Operation kann ich mich gar nicht mehr so gut erinnern. Ich war, glaube ich 3-5 Tage in der Intensivstation und ich weiß nur noch, dass meine Besucher (Eltern und Ehemann) komische weiße Kittel anhatten und ich – egal was ich zum Essen und Trinken bekommen habe – einfach alles wieder erbrochen habe! Schmerzen hatte ich glaube ich in dieser Zeit nicht, da ich viel zu viele Medikamente bekommen habe und 80% der Zeit auch brav geschlafen habe!
Danach war ich ca. 3 Wochen in der Darmabteilung des Krankenhauses stationiert. Mein Arzt hat mich jeden 2. Tag besucht, was ich ihm nach wie vor hoch anrechne und ich mich auch hier nochmals dafür herzlich bedanken möchte.
Was ich nach wie vor grausam gefunden habe: Da ich einen künstlichen Darmausgang hatte, konnte ich ja nicht wirklich viel essen – tja und ich bekam im Krankenhaus (Darmabteilung!!!) Paprikalasagne und Königsberger Klöpse…zum Glück hat mir man Mann Hühnersuppe gekocht und täglich mitgebracht, somit konnte ich wenigstens ein bisschen was zu mir nehmen. Obwohl es nach wie vor so war, dass ich fast alles erbrochen habe. Ich kann mich auch noch an einen Besuch von Freunden erinnern – zum Mittagessen oder kurz danach haben sie mich besucht. Und kaum habe ich Hallo gesagt habe ich schon das ganze Essen auf meiner Decke verteilt. Trotz das es Freunde waren, war es mir unangenehm…nach und nach merkte ich einfach, dass ich oft alleine hilflos war. Alleine duschen? Alleine Haare waschen? Keine Chance! Die ganze Krankenhauszeit wurde mir auch noch brav der Katheter gelegt. Ja unangenehm, so jung (26 Jahre) und so hilflos und der Krankenschwester ausgeliefert! Zu Hause musst ich noch weiter Katheter legen – ich konnte es nicht, mein Mann musste es machen und ganz ehrlich, dies hat viel zerstört – einerseits aus erotischer Sicht und andererseits die Komplettaufgabe meinerseits. Ich habe oft nur geheult, es ist einfach nicht so schön hilflos und auf andere Menschen angewiesen zu sein. Leider hat auch diese ganze Situation die Beziehung nicht gestärkt, sondern ist nun nach ein paar Jahren in die Brüche gegangen. Ob es die Selbstaufgabe, die Krankheit und die mitbringenden Launen, die Veränderung, die schwere Last für den Partner etc… war k.A., ein schweres Thema, dass ich in einem anderen Eintrag bearbeiten werde.
Im Krankenhaus verging die Zeit natürlich nicht wirklich schnell, jedoch habe ich in den ersten zwei Wochen auch zum Glück nicht zu viel mitbekommen. Eine grausame Nacht hat sich auch noch tief in mein Gehirn gebrannt: Absetzung von Morphium und flüssigen Schmerzmittel auf Schmerzmittel in Tablettenform. Die Operation dauerte 7 Stunden, ein Teil meines Darms wurde entfernt, ich hatte einen künstlichen Darmausgang, durfte nur am Rücken liegen, seitliche Lage verursachte höllische Schmerzen – da kam mir da simple drücken auf die Taste gelegen – zzzzzz innerhalb von ein paar Sekunden war ich wieder schmerzfrei, hatte ein Lächeln im Gesicht und meine Welt war wieder friedlich, kurz darauf schlief ich immer ein… das war meine Morphium und flüssige Schmerzmittelzeit – in meinen Augen in dieser Zeit einfach nur traumhaft! Bis diese eine Nacht kam, in der ich umstellen musste. Da merkte ich das erste Mal, was mein Körper alles aushalten muss – ich glaube ich habe gefühlt alle 30 Minuten (die ganze Nacht durch) bei der Krankenschwester geklingelt und mehr Schmerzmittel verlangt. Oft hörte ich nur, sie haben gerade eine bekommen, nein sie hatten genug…es war grauenvoll, ich war die ganze Nacht in Trance und habe so gut wie gar nicht geschlafen… ich glaube nach ca. 3 Tagen habe ich’s geschafft und war mit der neuen Schmerzmitteldosis zufrieden!
Nach ca. 3 oder 4 Wochen, ich weiß es wirklich nicht mehr ging’s dann endlich nach Hause. Tja nun musste ich mich in der Wohnung alleine zurecht finden, musste selbst an mir arbeiten, dass ich immer in Bewegung bleibe und versuchen mich richtig zu ernähren, nicht zu viele Schmerzmittel zu mir zu nehmen etc… . Es lief ganz gut, bis auf einen Abend – großer Fehler: NicNac’s…ich habe fleißig Erdnüsse genascht und nicht ordentlich gekaut, somit hatte mein künstlicher Darmausgang (Dünndarmausgang) richtige Probleme damit und ich hatte höllische Schmerzen – zum Glück hat es sich nach einer Schmerzmitteldosis und viel Schlaf beruhigt und ich musste nicht ins Krankenhaus. Viele werden sich nun auch fragen, wie es mir psychisch mit dem künstlichen Darmausgang ging – zum Glück gut – ich habe dies mit Humor genommen, aber auch nur weil ich wusste, dass der nicht von Dauer sein wird: 6-8 Wochen, dann war ein neuer OP Termin geplant, um den Darm zurück zu verlegen. Aber es sollte alles anders kommen als geplant!
Mein Arzt hat sich stark für eine REHA für mich eingesetzt, auch großen Dank dafür! Leider hat das REHA Zentrum, dass auf Endometriosepatienten spezialisiert ist genau in dieser Zeit geschlossen gehabt, ich glaube Umbaumaßnahmen. Somit wurde ich in ein REHA Zentrum Nähe Wittenberg (Lutherstadt, Sachsen-Anhalt) „eingewiesen“. Mein Arzt hat auch extra noch abgeklärt, ob sie sich mit Patienten mit künstlichen Darmausgang auskennen und aufnehmen….ja natürlich! Na dann auf in den schönen Osten! Endlich erholen, die Lebensenergie aufbauen, meditieren lernen, entspannen und zu sich finden! Es war auf alle Fälle eine schöne Anlage mit einer tollen Grünanlage, Kneippbecken etc… . Ich habe viel gelesen, viel gestrickt und viel Zeit zum nachdenken gehabt. Das Essen war erträglich, die Meditationsstunden teilweise unangenehm, da sich immer wieder mal mein künstlicher Darmausgang gemeldet hat, war mir gegenüber den anderen Mitstreitern sehr unangenehm. Viele Kontakte habe ich nicht geknüpft, das lag auch daran, dass ich mich mehr mit mir selbst beschäftigt habe, ich war nicht auf der Suche nach Freundschaften und Gleichgesinnten, ich wollte einfach Kraft schöpfen und neu in mein Leben starten. Die gemeinsamen psychologischen Sitzungen habe ich dann auch abgebrochen, da ich so viel anderen Leid nicht noch zusätzlich ertragen konnte. Vielen helfen diese Stuhlkreise, bei mir hat es das Gegenteil bewirkt. Meine REHA war auf 3 oder 4 Wochen angesetzt, leider habe ich zu all dem kein wirkliches Zeitgefühl mehr. Auf alle Fälle hatte ich einen nicht so schönen Zwischenfall: Irgendwie habe ich wieder vermehrte Bauchschmerzen bekommen, ich merkte auch nach und nach, dass mein künstlicher Darmausgang nicht wirklich mehr arbeitet. Zuerst habe ich es darauf geschoben, dass ich nicht so viel gegessen habe. Bin aber nach dem ersten Tag gleich zum Arzt…alles ok und dann hab ich Buscopan bekommen …haha sehr witzig!!! Tja… es war natürlich auch Wochenende, da wurden die Schmerzen immer unerträglicher und ich habe nur noch gebrochen, auch auf den Tee… aber das REHA-Personal meinte es sei alles ok!!! Endlich war Montag und der Arzt da – und plötzlich ging alles wieder so schnell… Krankenwagen (Mensch hatte ich mit den Sanitäter Spaß – gut ich hatte auch genug Schmerzmittel intus J )… dann ging’s nach Wittenberg – was für ein modernes Krankenhaus! Dann durfte ich erst einmal warten – Untersuchungen ,Röntgen… meine Schmerzen wurden schlimmer… gut nun ins Krankenbett…Röntgenbild sieht schlecht aus…alles schwarz…hmmm ich war nach wie vor entspannt, oder besser gesagt, es war mir alles egal, da ich so extreme Schmerzen hatte, dass ich nicht wirklich anwesend war. Ich durfte durch die Nasenlöcher Sonden schlucken *jammy*… habe noch ein Mittel durch den Mund bekommen bzw. in den Darmausgang…alles kam sofort wieder zurück…hmmm . Der Ärzt hüpfte hin und her und musste noch mit meinem Arzt aus Hamburg telefonieren. Warum, weshalb war mir egal, ich wollte nur, dass einfach sofort was passiert und diese Schmerzen aufhören. Im Nachhinein habe ich dann erfahren, dass die Ärzte untereinander noch diskutiert haben, ob ich nach Hamburg geflogen werden soll, da meine Ärzte über Laparoskopie die Operation gemacht haben und der Arzt in Wittenberg nur einen Bauchschnitt machen konnte. Aber meine Ärzte haben von einem Transport abgeraten, da ich schon zu schwach war: ICH HATTE EINEN DARMVERSCHLUSS! Tja schlussendlich zählte dann doch jede Minute. Der Arzt erklärte mir noch, dass er den Bauch aufschneiden musste, ich habe nur gesagt, egal, machen sie was sie wollen, ich möchte das der Schmerz aufhört! Das Positive daran war, dass er auch gleich meinen Darm zurückverlegen konnte J.
Es folgten 1 ½ Wochen Intensivstation. Oh ja, leider kann ich mich zu gut an diese Zeit erinnern. Ich werde nie meine Aufwachsituation vergessen…ich öffnete meine Augen, überall Schläuche, Hände festgebunden…ich konnte mich nicht bewegen. Ich hatte unendlich Durst, habe gesehen wie die Schwestern herumgelaufen sind, wollte sprechen, winken, HALLO ich bin da, ich bin wach! Aber nichts ging, nur die Augen waren offen. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis jemand reagierte, es war wahrscheinlich eine halbe Stunde oder so, aber für mich fühlte es sich wie ein halber Tag an, und zwischen drinnen hatte ich auch wirklich Panikattacken, was ist, wenn mich keiner nie wieder wahrnehmen wird?! Dann natürlich das Übliche Prozedere – Essen, Trinken, Brechen…laut meiner Mama habe ich das als Baby auch schon gerne gemacht J. Aber es war nicht lustig, ich war sehr schwach, aus den Röhren – die ich noch 2 Tage drinnen hatte kaum auch braune Flüssigkeit heraus, die Röhren haben im Hals geschmerzt, alles war trocken und rau. Aber es ging bergauf, nach 2-3 Tagen konnte ich wieder lachen, hatte eine VIP-Haarwaschsitzung mit einer Schwester – wir hatten echt Spaß…ein kleines Schwimmbecken wurde unter meinen Kopf gelegt und es war herrlich wieder frisch gewaschene Haare zu haben J. Ich durfte erst aus der Intensivstation, wenn ich auch ins „Töpfchen“ gemacht hatte. Und das hat gedauert…ich habe mich selbst unter Druck gesetzt, ich wollte weg von den Maschinen…aber ich musste auch vorher bei der Schwester klingeln und ums Töpfchen bitten… das war eine Überwindung. Zum Glück waren die alle sehr sehr nett und haben mich motiviert. Ich weiß noch das erste Mal war ich total stolz und die Schwester meinte aber hmmm das ist ein bisschen zu wenig…das nächste Mal! Ich war leicht frustriert, da ich wusste, ich muss noch einen Tag länger in der Intensivstation bleiben! …aber ich habe es geschafft und nun ging es mit kleinen Schritten voran. Gebrochen habe ich noch immer, aber es gab ein sehr gutes Essen mit einer großen Auswahl. Mit dem Rollator düste ich meine Stationsrunden, jeden Morgen und Abend eine kleine Runde, später waren es zwei… das aufrechte Gehen habe ich langsam verinnerlicht…aber es war ein langer Weg bis dahin. Und ich war sehr schwach und untergewichtig, ich glaube ich hatte nur noch 46 kg (ca. 1,66m groß).
Dann ging’s zurück zur REHA…dort gab’s aber große Diskussionen, denn theoretisch wäre in 3 Tagen mein REHA-Aufenthalt vorbei…mit viel telefonieren und diskutieren durfte ich noch 1 ½ Wochen länger bleiben! Aber ehrlich gesagt hatte ich nach dem Ganzen Hin und Her wenig Lust dazu. Jedoch hatte ich keine Kraft alleine zurecht zu kommen, vor allem mussten die Bauchwunden ordentlich verheilen bevor ich mit dem Auto zurück nach Hamburg gebracht werden konnte. Auch nach den 1 ½ Wochen war dies eine Horror-Autofahrt – Schmerzen ohne Ende, jede kleine Straßenunebenheit habe ich im Bauch gespürt.
Die Genesung zu Hause ist langsam eingetreten. Und irgendwann hatte mich der Alltag wieder! Ich hätte eigentlich froh sein können, dass ich alles überstanden habe, aber das Gegenteil ist passiert. Ich habe Vieles negativ gesehen, habe mich schnell über Kleinigkeiten geärgert und war sehr unausgeglichen…. Nach und nach hat sich eine kleine Depression bei mir eingeschlichen!
UPDATE: Durch meine Erfahrungen und mein Wissen zu den Themenschwerpunkten Endometriose & Ernährung, Endometriose & Achtsamkeit, Endometriose & Bewegung haben ich meinen Traum verwirklicht und mich als ganzheitliche Ernährungsberaterin selbständig gemacht. Hier zu meiner Website: Lebensknospen, oder folge mir bei instagram: @lebensknospen
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